In Vollersode und Wallhöfen im Landkreis
Osterholz-Scharmbeck, nördlich von Bremen, hatte Egbert Kutz, ein
örtlicher Arzt für Allgemeinmedizin, zwischen 1981 und 1994 eine
Häufung von Hirntumoren festgestellt. 1997 wurden die Ergebnisse
einer Befragung des Niedersächsischen Landesgesundheitsamtes
veröffentlicht, nach denen der Verdacht einer Verursachung durch
Radarstrahlung fortbesteht.
Kutz hatte im genannten Zeitraum alle Gehirntumore
in der Gemeinde Hambergen registriert, in der eine deutliche Häufung
der Hirntumorfälle in Vollersode und Wallhöfen aufgefallen war (vgl.
Elektrosmog-Report, April 1996). Mit 15 Hirntumorfällen war die
statistische Durchschnittswahrscheinlichkeit um das Fünffache
überschritten worden. Die Häufung war auch vom Robert-Koch-Institut
in Berlin bestätigt worden.
Als Ursache vermuten Kutz und besorgte Bürger, die
sich in einer Bürgerinitiative zusammengeschlossen hatten, die
Radaranlage der Bundeswehr-Raketenstellung und den Fernmeldefunkturm
der Telekom. Zeichnet man um beide Sendeanlagen einen Kreis von
dreieinhalb Kilometer, so liegen die meisten Hirntumorfälle in dem
Bereich, wo sich beide Kreise überlappen. Der Radarexperte Prof. Dr. Heinrich Hönerloh
vermutete als Ursache für die erhöhte Anzahl der Tumoren die
Radarstrahlen aus den Hochleistungsgeräten der Raketenstellung. Die
Exposition könne durch Reflexionen z. B. am Funkturm erhöht werden.
Demgegenüber seien die Emissionen des Telekomfunkturms
vernachlässigbar.
Messungen zeigten, dass die zeitlich gemittelte
Dauerleistung für die Radaranlage (Hwak-Raketenstellung mit
Rundsicht- und Zielmarkierungsradar) um ein Mehrfaches über der der
Funksendeanlage liegt. Die - umstrittenen - gesetzlichen Grenzwerte
werden jedoch heute nicht überschritten. Werte für die Vergangenheit
waren nicht zu erhalten.
Um die Ursache für die Tumorhäufung zu klären,
wurde vom Niedersächsischen Landesgesundheitsamt eine Befragung der
erkrankten Bewohner bzw. bei Verstorbenen eine Befragung der
Angehörigen hinsichtlich des Vorliegens weiterer möglicher
Risikofaktoren für die Entwicklung eines Hirntumors durchgeführt.
Neben der Sicherung der Diagnose interessierte das Vorliegen von
Schädel-Hirn-Verletzungen, vergangene Strahlenanwendungen (Röntgen
etc.), eine besonders starke Pestizid-, Holzschutzmittel- und
Lösungsmittelexposition, Nikotin- und Alkoholkonsum,
Medikamenteneinnahme und die Verwendung elektrischer Geräte.
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Ergebnisse der Befragung
- Von den 15 Patienten mit Hirntumoren hatten 14
ihren Wohnort in Vollersode. Von diesen haben sechs Fälle immer
dort gelebt, weitere sechs haben länger als 16 Jahre und zwei
weitere länger als 9 Jahre vor der Diagnose dort gewohnt. Der
fünfzehnte Patient war zwei Jahre vor der Diagnose verzogen, hatte
aber vorher sehr lange in Vollersode gewohnt und wurde daher
berücksichtigt.
- Die Altersverteilung bei den bösartigen Tumoren
war im Vergleich zum Krebsregister des Saarlandes deutlich nach
unten verschoben. Der Median (Zentralwert) in Vollersode lag bei 40
Jahren gegenüber 55 bis 60 Jahren im Krebsregister.
- In vier Fällen bestanden Vorerkrankungen im
Schädel-/Hirnbereich (zwei Fälle von Gehirnerschütterung, ein Fall
von Hirnhautentzündung und ein Fall von Schlaganfall).
- Auffälligkeiten hinsichtlich weiterer möglicher
Risikofaktoren, die auf eine besondere Belastung des untersuchten
Kollektivs durch chemische Substanzen (Medikamente, Alkohol,
Pestizide etc.) oder durch ionisierende und nicht-ionisierende
Strahlung (Röntgen, niederfrequente elektromagnetische Felder)
schließen lassen, bestanden nicht.
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Schlußfolgerungen Aufgrund der Befragung bleibt festzuhalten:
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Es gibt eine auffällige Häufung von
Hirntumoren, was einen Hinweis auf einen besonderen äußeren
Auslöser gibt.
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Das Erkrankungsalter ist auffällig niedrig, was
ebenfalls ein Hinweis auf eine Auslösung durch einen äußeren Faktor
ist.
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Außer der hochfrequenten elektromagnetischen
Strahlung durch die Radaranlage und die Funksendeanlage gibt es
weiterhin keinen anderen Hinweis auf einen auslösenden äußeren
Faktor.
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Möchte man sich nicht damit zufrieden geben, dass
es sich um eine zufällige Häufung handelt oder dass ein bisher
unbekannter Faktor für die Häufung der Hirntumoren verantwortlich
ist, so steht die Radar-Strahlung weiterhin im Verdacht, Ursache für
die Häufung der Hirntumore in Vollersode und Wallhöfen zu sein.
Quelle: Erhöhtes Hirntumor-Risiko durch
Radarstrahlung. EMF-Monitor 3 (3), S. 1-2 (1997).
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